Ideen zur gelingenden Nachbarschaft
In der Nachbarschaftsbeziehung braucht es wie in jeder Beziehung auch die geeigneten Komponenten, damit sie gelingt. Nachfolgend einige Ideen. Sie sind als Impulse gedacht, wie sie umgesetzt werden können. Welche davon wirklich für die eigene Nachbarschaft anwendbar sind, zeigt allein die eigene Erfahrung.
- Erstes Kennenlernen
Nach dem Einzug wird der erste Kontakt mit Nachbarinnen und Nachbarn oft verabsäumt. Aufgrund der Organisation, der Bürokratie und des eigenen Ankommen im neuen Heim rückt dies in den Hintergrund. Ein erstes namentliches Vorstellen wie auch ein weiteres persönliches Treffen zu vereinbaren, kann die erste Scheu nehmen. Eine weitere Option bleibt noch immer die Vorstellung und Einladung über eine Karte im Postkasten.
- Offen für Begegnungen sein
In der Begegnung grüßen, ein freundlicher Blick, ein kurzes Gespräch, womöglich reicht ein einfaches Nicken, der Situation entsprechend offen zu (re)agieren. Ist dafür im Moment keine Zeit, dann sollte dies einfach auch so kommuniziert werden. Somit bleibt der wertschätzende Umgang untereinander Usus.
- Respektvoller und achtsamer Umgang
Es ist wichtig, die Nachbarschaft vorab ausreichend zu informieren, falls es lauter wird, Feste gefeiert werden, Baulärm an ungeeigneten Uhrzeiten, es Besonderheiten gibt, die die Gemeinschaft beeinträchtigen können. Treten trotz Vorsichtigkeit, Achtsamkeit und Rücksichtnahme Spannungsfelder und Konflikte auf, können Verhaltensstrategien und Richtlinien vereinbart werden, wie diese zu lösen sind und welche Konsequenzen sie haben. Ein konstruktives Gespräch sollte indes vorab jedenfalls gesucht werden. Dies kann im Rahmen eines Nachbarschaftstreffen stattfinden. Der persönliche Dialog ist immer der höheren Instanz vorzuziehen.
- Hilfsbereitschaft
Durch kleine Gesten des Alltags wird das Leben der Mitmenschen wesentlich erleichtert. Die eigene Expertise anzubieten, wie Reparaturarbeiten abzunehmen, füreinander zu kochen, den Müll zu entsorgen, Pakete entgegenzunehmen, einen Gemeinschaftsgarten anzulegen, Fahrtendienste zu übernehmen, in der Kinderbetreuung auszuhelfen, ein offenes Ohr zu haben, all dies sind Beispiele, wie eine Gemeinschaft sich gegenseitig unterstützen kann und Wege, wie Aufgaben gemeinschaftlich sinnvoll gelebt werden.
- Gemeinsam Feste feiern
Sei es ein Kennenlernfest, der Tag der Nachbarschaften, ein Fest zum Frühlingsbeginn, gemeinsam Punsch zu trinken, der Fantasie zu Möglichkeiten für Feierlichkeiten, Gemütlichkeiten und Austausch sind keine Grenzen gesetzt. Feste im Jahreskreis bieten sich generell an und schaffen sogleich rhythmisierte Rituale, um die Beziehung zu pflegen. Die Einladung erfolgt persönlich, mit einem Aushang, per Laufzettel, auch hier finden sich rasch die eigenen Liebsamkeiten. Jeder aus der Nachbarschaft übernimmt eine Aufgabe und bereitet so die Zusammenkünfte gemeinsam vor. Um hier Ressourcen und Gegebenheiten zu achten, sollte sich die Organisationsgruppe immer abwechseln.
- Tauschen, Leihen, Schenken
Einander kleine Freuden des Alltags bescheren ist in einer Nachbarschaft wohl Begleiterscheinung. In ihr wird oft aussortiert, aufgeräumt, Kleidung als untragbar deklariert, zu viel gekocht, an Büchern satt gelesen, Verarbeitetes geteilt und dies ist nur ein Bruchteil dessen. Dafür eigens vorgesehene Orte, kleine Flohmärkte, quartalsbezogene Treffen, all das eignet sich optimal, um eine Sharing- und Caring-Mentalität in die Gemeinschaft einzubringen. Damit Recycling, Upcycling und Wiederverwendbarkeit auch sinnvoll und niederschwellig ermöglicht wird.
- Interessens – und Neigungsgruppen
Es gibt immer Gemeinsamkeiten, die Menschen werden sie nur entdecken und finden müssen. Ähnliche Interessen, Hobbies, Werte, Lebenssituationen und Haltungen verbinden die Menschen in der Nachbarschaft. Sich über Aktivitäten, Erfahrungen und das Erleben kennenzulernen, ermöglicht ein grundlegenderes Verbundenheitsgefühl als über die kommunikative Ebene. Ein Gefühl des Willkommenseins, sich auch in unbekanntem Terrain zu versuchen, Horizonte zu erweitern und andere Perspektiven einzunehmen, stärkt das Zusammenleben und ermöglicht ein gemeinschaftliches Erlebnis. Auch hier gibt es eine Vielfalt an Möglichkeiten. Eine Wanderung zu unternehmen, die Nachbarinnen und Nachbarn zum Training einladen, gemeinsame Spielenachmittage, bereits bestehendes Angebot nutzen, oder womöglich gründet sich aus der Nachbarschaft eine gänzlich eigene Interessensgruppe.
- Richtiger Umgang mit öffentlichem Gut
Gehwege, Laub, Kaputtgegangenes, Schneeräumung, Müllentsorgung, Entrümpelung, Bepflanzung, Abstellen von Kisten im Hof, Lärm- und Ruhestörungen, Nachruhen, um hier einige Beispiele für potenzielle Konfliktherde zu nennen. In den eigenen vier Wänden hat jeder und jede die Freiheit, sein Leben so zu gestalten, wie er oder sie es möchte. Doch im öffentlichen Raum ist es wichtig achtzugeben, die Bedürfnisse der Nachbarschaft zu inkludieren und gemäß seiner nachbarschaftlichen Rechte und Pflichten Verantwortung zu tragen.
- Netzwerk in Krankheits-, Krisen- und Notsituationen
Jeder Mensch kennt sie, durch die Vergangenheit hat sie die Gesellschaft nun flächendeckend erlebt: Krankheits-, Not- und Krisensituationen sind Ausnahmezustände, in denen es bedeutend ist, als Mitmenschen füreinander da zu sein und einander gegenseitig zu begleiten. Einzuspringen, falls gerade niemand anderer verfügbar ist und gemeinsam diese Situation zu meistern. Eine Qualität, die von gegenseitiger Anteilnahme, bis zur konkreten Hilfsleistung reichen kann. Ein Geschenk des Gebens für einen Kreislauf, eine lebenswertere Nachbarschaft zu bewohnen.
Eine Feedback-, Reflexionskultur – und der Mut zur Fehlerfreundlichkeit
Der Mensch ist ein fehlbares Wesen, er handelt in bestmöglicher Absicht nach seinem Erfahrungsreichtum. Doch auch Nachbarschaften sind nicht gefeit davor, dass Unstimmigkeiten, Grauzonen und andere Bedürfnisse in einem Raum versammelt sind. Hier eine Kultur des Lernens zu leben und Fehler als Möglichkeiten des Miteinanders zu erkennen, wie auch gemeinsam über Geschehnisse sprechen, hilft Mensch unter Menschen zu sein. Verantwortung zu tragen und an einer gemeinsamen Veränderung beteiligt zu sein, das kann eine Nachbarschaft schenken. Dies gelingt vor allem, wenn es ritualisierte Nachbarschaftstreffen gibt, in denen Raum für Aushandlungen, Entscheidungen, wie auch für Geselligkeit ist. Von unterschätzter Wichtigkeit ist in diesen Treffen eine Entscheidungs- und Kommunikationskultur. Die Nachbarschaft kann als ein Ort des Lernens verstanden werden.
Text: Konstanze Müller