Auf großes Interesse stieß das Symposium über den “Wert der guten Nachbarschaft. Eine unterschätzte Ressource?" im Seminar- und Ausbildungszentrum Atzenbrugg. Nach einleitenden Worten von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner legten die beiden Keynote-Speakerinnen, Kultur- und Sozialanthropologin Bettina Ludwig und die Fachärztin für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin Bärbel Fichtl, ihre Ansichten über die Bedeutung einer guten Nachbarschaft für die Gesellschaft dar.
Bettina Ludwig sprach zum Thema „Von Nachbarn zu Mitmenschen. Warum wir groß denken sollen, wenn es um kleine Regionen geht.“, Bärbel Fichtl referierte über die „Psychologie der Nachbarschaft und die Bedeutung des sozialen Umfelds“.
Von der Theorie eindrucksvoll und tief in die Praxis führten die verschiedenen Nachbarschaftsprojekte, die im Rahmen des Symposiums vorgestellt wurden:
In Tulln wird die Nachbarschaft weit und breit gelebt. Nachbarschaftstreffen führen unterschiedliche Menschen, zu unterschiedlichen Themen, an unterschiedlichen Orten zusammen. Vom Grätzelfest, über Kleidertausch bis hin zu interreligiösem Austausch findet Begegnung in vielfältiger Weise statt, um miteinander zu (er)leben, voneinander zu lernen oder gemeinsam zu gestalten.
Das Projekt Nachbarschaftshilfe Plus verbindet in sieben niederösterreichischen Gemeinden Menschen, die Unterstützung im Alltag brauchen, und ehrenamtliche Personen, die diese Unterstützung zum Beispiel in Form von Besuchsdiensten oder als Leseomi in der Volksschule gerne geben. Die Ehrenamtlichen schätzen die Gemeinschaft ihrer Ehrenamtstreffen und dass sie, meist nach dem Berufsleben, weiter aktiv bleiben und soziale Verantwortung in der Heimatgemeinde übernehmen.
Der ehrenamtliche Fahrtendienst des Vereines „EMIL – Elektromobilität im ländlichen Raum“ in Euratsfeld bringt seine Mitglieder zum Einkaufen, zum Arzt, zur Therapie, zum Bahnhof oder auch zum Arbeitsplatz. Für Kinder und Jugendliche sind die Musikschule und diverse Freizeitbeschäftigungen, wie Reiten, Jungschar usw. die bevorzugten Ziele. Emil ist eine wesentliche Unterstützung für Familien und erspart oft die Anschaffung eines Zweitautos. Aus den Gesprächen und Beziehungen, die bei den wiederholten gemeinsamen Fahrten entstehen, entwickeln sich so manche Dinge, die weit über das Fahrziel hinauswirken.
Für Johannes Rieder aus Poysdorf heißt Nachbarschaft leben mit den Menschen zu reden. Die Kraft unserer Gesellschaft wächst für ihn mit der Verbundenheit der Menschen. Er teilt mit seinen Nachbarn neben Gesprächen und Zeit auch gerne ein Elektro-Lastenrad. Das Projekt Gemeinschaftsgarten regt zur gemeinsamen Nutzung von Gärten an, ob zum Blumenpflanzen am Nachbarsgrundstück oder zum Holzlagern, um es an energiearme Familien weiterzugeben. Und damit das alles auch immer weiterwachsen kann, werden NeubürgerInnen zu einem Erzählcafe zum Thema „Gute Nachbarschaft“ eingeladen.
Der Kottingbrunner Pensionist Helmut Himmer ist ein besonderer Herzensmensch und als solcher unermüdlich und auf eigene Kosten im Einsatz für die Menschen in seiner Gemeinde. Rund 18.000 Kilometer legt er pro Jahr mit einem Bus zurück, um ältere Menschen zu Arztterminen, zum Einkaufen oder anderen Terminen zu fahren.