Bräuche in Niederösterreich: Der Maibaum

Der Maibaum ist in vielen Gemeinden Niederösterreichs ein sichtbares Zeichen des Frühlings und ein wichtiger Bestandteil der lokalen Brauchtumspflege. Das gemeinsame Aufstellen und das traditionelle "Maibaum-Stehlen" sind tief verwurzelte Bräuche, die das Gemeinschaftsgefühl stärken sollen.

© Helmut Lackinger

Die Landespolizeidirektion Niederösterreich möchte jedoch daran erinnern, dass auch gelebte Traditionen klare rechtliche Grenzen haben. Sobald diese Grenzen überschritten werden – beispielsweise durch Sachbeschädigung oder Gefährdung – kann aus einem Brauch schnell eine strafbare Handlung werden.

Brauchtum schützt nicht vor Strafe

Grundsätzlich ist wichtig zu wissen: Weder das Strafrecht noch das allgemeine Verwaltungsrecht kennen den Begriff "Brauchtum" als Entschuldigung oder Rechtfertigung für rechtswidriges Verhalten (eine seltene Ausnahme bildet das Versammlungsgesetz, das hier aber meist nicht relevant ist). Das bedeutet: Auch Handlungen, die im Rahmen eines Brauchs erfolgen, können strafrechtliche oder verwaltungsrechtliche Konsequenzen haben.

Zwar kommt es im Zusammenhang mit dem Maibaum-Brauchtum selten zu Anzeigen. Sollte jedoch eine Anzeige bei der Polizei erstattet werden, sind wir gesetzlich verpflichtet, dieser nachzugehen und die notwendigen Ermittlungen zu führen.

Rechtliche Aspekte rund um den Maibaum:

  1. Transport: Bereits beim Transport des Maibaumes zum Aufstellungsort müssen die allgemeinen verkehrsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden. Dies betrifft insbesondere die korrekte Sicherung der Ladung, die Einhaltung von Längen- und Breitenmaßen sowie gegebenenfalls erforderliche Kennzeichnungen oder Begleitungen.
  2. Das "Stehlen": Auch wenn das Maibaum-Stehlen vielerorts als Teil der Tradition gilt, kann es rechtlich als Diebstahl (§ 127 StGB) oder, wenn der Baum nicht zurückgegeben wird, als dauernde Sachentziehung (§ 135 StGB) gewertet werden.
  3. Sachbeschädigung: Wird der Maibaum während des Stehlens, durch unsachgemäße Handhabung beim Fällen, Transport oder Aufstellen beschädigt oder zerstört, kann dies den Tatbestand der Sachbeschädigung (§ 125 StGB) erfüllen.
  4. Gefährdung beim Aufstellen/Fällen: Das Hantieren mit einem großen Baum birgt Risiken. Werden beim Aufstellen oder späteren Fällen des Maibaumes durch mangelnde Sorgfalt oder Absicherung Personen gefährdet oder Sachen von bedeutendem Wert beschädigt, kann dies als vorsätzliche Gemeingefährdung (§ 176 StGB) geahndet werden.
  5. Gefährdung durch Ansägen: Das heimliche Ansägen eines bereits aufgestellten Maibaumes ist kein Kavaliersdelikt. Wenn dadurch die Gefahr entsteht, dass der Baum unkontrolliert umfällt und dabei Personen verletzt werden könnten, erfüllt dies den Tatbestand der Gefährdung der körperlichen Sicherheit (§ 89 StGB).
  6. Brauchtumsfeuer: Oftmals begleiten sogenannte "Brauchtumsfeuer" die Feierlichkeiten rund um den Maibaum. Hierbei sind zwingend die Bestimmungen des NÖ Feuerwehrgesetzes sowie die eventuell geltenden Waldbrandverordnungen der jeweiligen Bezirksverwaltungsbehörde zu beachten. Informieren Sie sich bitte rechtzeitig bei Ihrer Gemeinde oder Bezirkshauptmannschaft über die geltenden Regeln und eventuelle Anzeigepflichten.

Appell der Polizei

Die Landespolizeidirektion Niederösterreich appelliert an alle Bürgerinnen und Bürger, die Maibaum-Traditionen mit Freude, aber auch mit dem nötigen Respekt vor dem Gesetz, der Sicherheit und dem Eigentum anderer zu pflegen. Achten Sie auf sorgfältige Planung und Durchführung, insbesondere beim Transport und beim Aufstellen des Baumes. Klären Sie die "Spielregeln" des Maibaum-Stehlens lokal ab, um Missverständnisse und strafrechtliche Folgen zu vermeiden.

Nur durch verantwortungsbewusstes Handeln kann sichergestellt werden, dass diese schöne Bräuche auch in Zukunft ohne negative Zwischenfälle und ohne polizeiliches Einschreiten stattfinden kann.

Landespolizeidirektion Niederösterreich
Büro Öffentlichkeitsarbeit und interner Betrieb
Referat Medien/Veranstaltungsmanagement

Pressesprecher
Raimund Schwaigerlehner, GrInsp